Ich möchte mit Thilo Sarrazin sprechen, mit Eva Herman & Béatrice Bourges.

Nachdem der Tageszeitung und auch queer.de die Akkreditierung zur Compact-Konferenz am 23.11. ohne Begründung verweigert wurde, habe ich mich soeben mit folgendem Wortlaut selbst um die Erteilung eines Pressetickets beworben. Irgendjemand muss den Homos, Queers und Gender-Mainstreamern dieser Nation doch endlich mal klar machen, wie das Häschen läuft.

Sehr geehrtes compact-Team,

für meinen Blog kopfkompass.de bitte ich um Akkreditierung als Pressevertreter bei der “2. COMPACT-Konferenz für Souveränität” am 23. November in Leipzig*. (* Also Schkeuditz.) Dabei geht es mir keineswegs nur um Autogramme.

Die Redebeiträge Ihrer hochrangigen Gäste werden mit Sicherheit für angeregte Diskussionen sorgen, an denen ich mich im Interesse meiner (mit Blick auf traditionelle Rollenbilder leider noch nicht sehr vorbildlich lebenden) Leserschaft sehr gern beteiligen würde.

Folgende Fragen interessieren mich besonders: Ich möchte mit Thilo Sarrazin sprechen, mit Eva Herman & Béatrice Bourges. weiterlesen

Briefe an mich selbst für bessere Weihnachten (1)

Ich schreibe diesen Text am 6. Januar 2013. Gerade habe ich meinen Weihnachtsbaum aus meinem Schlafzimmerfenster im fünften Stock auf die Straße geworfen und traurig zur Sammelstelle geschleppt. Meinem Gefühl nach hätte er noch mindestens drei Wochen stehen bleiben müssen. Ich habe Weihnachten verpasst. Mal wieder. Deshalb schreibe ich dir von heute aus Briefe in die Zukunft. Ein großartiges Weihnachtsfest zu haben, dürfte gar nicht so schwer sein, wenn du ein paar Regeln beherzigst, die in den nächsten Tagen und Wochen hier erscheinen werden. Beginnen wir mit:

1. Bis zum 1. Advent solltest du alle Geschenke besorgt haben. Briefe an mich selbst für bessere Weihnachten (1) weiterlesen

& Partei, ich

“Was muss ich tun, um dich davon abzuhalten?”, fragte mich ein Kollege, als ich verkündete, heute sehr pünktlich gehen zu müssen, um meinen Mitgliedsantrag noch vor Ladenschluss der Grünen-Geschäftsstelle abgeben zu können. Ich antwortete leichtfertig: “Mich davon überzeugen, dass es falsch ist.” und wurde Zeuge eines sehr umfassenden Brainstormings, das kein einziges gängiges Ressentiment gegen die Grünen ausließ. Hier die Top-5-Parolen in der Reihenfolge ihrer Dringlichkeit:

Politik muss gestalten und nicht verbieten. Die Grünen sind eine Verbotspartei.

Verbote sind unsexy, das finde ich auch. Aber die Grundidee unserer Gesellschaftsform beruht darauf, dass der Staat den Markt an seinen Rändern reguliert. Regulieren ist ein weiche Formulierung für: das Unerwünschte verbieten. Was das “Unerwünschte” ist, muss gemeinsam definiert werden. Oder etwas diplomatischer: Die Freiheit des einen muss enden, wo die des anderen berührt wird. Mehr dazu gleich.

Die Grünen sind längst Teil des Establishments. Du wirst das System nicht ändern, wenn du Teil davon wirst. Du wirst nur Teil davon. Überhaupt ist diese ganze Politik ein zahnloser Tiger aus Papier. Politische Teilhabe findet heute auf anderen Kanälen statt.

Demokratie funktioniert nicht nur über Demonstrationen und erst recht nicht über Online-Petitionen. Demokratie braucht Mechanismen zur Bildung und zur Messung des politischen Willens. Dazu gehören seitenlange Anträge, stundenlange Diskussionen und tagelange Konferenzen. Dazu gehören klare Regeln, die sicherstellen, dass nicht nur die Lautesten gehört werden. Dazu gehört, dass Entscheidungen transparent getroffen werden, auch, um für diejenigen nachvollziehbar zu bleiben, die es lieber anders gehabt hätten. Das ist sicher nicht immer dynamisch und aufregend. Aber trotzdem richtig so. Und im Vergleich zu den anderen Parteien (mit Ausnahme der Linken) haben die Grünen seit Jahrzehnten feststehende Ziele und Ideale in denen ich mich obendrein wiederfinde.

Die Grünen haben ihre pazifistischen Ideale verraten und einen völkerrechtswidrigen Kriegseinsatz mitbeschlossen.

Das haben sie. Ich fand das falsch. Ich will trotzdem beitreten. (Die Entscheidung ist 14 Jahre her. Viele von denen, die sie damals mitgetragen haben, sind längst keine Amtsträger mehr. Viele Grüne bewerten die Entscheidung inzwischen selbst als Fehler. Programm und Inhalte der Grünen halte ich trotz dieses Fehlers für richtig und sogar am richtigsten. Mir ist klar, dass sich dergleichen wiederholen kann. Wann immer eine politische Organisation in Verantwortung gerät, werden ihr Programm und ihre Protagonisten mit den Erfordernissen und Dringlichkeiten dessen konfrontiert, was wir Wirklichkeit nennen. Hier beginnt Politik. Das vorher ist Willensbildung. Die ist wichtig, aber nicht vor irrationalem Idealismus gefeit. So wird das auch auf persönlicher Ebene sein. Mir ist klar, dass man als Mitglied einer Partei sehr wahrscheinlich Entscheidungen mittragen wird, die einem nicht perfekt vorkommen. Das kann ich aushalten.)

Die gleiche Partei wie Claudia Roth? Wirklich?

Unbedingt. Claudia Roth kann man mögen oder nicht. Ein Gefühl zu Volker Kauder zu entwickeln, finde ich ungleich schwieriger. (Und versucht jetzt ja nicht mir einzureden, es ginge nicht um Gefühle, wenigstens auch, wenigstens ein bisschen.)

Mich haben diese Einwände in meinem Entschluss bestätigt. Offensichtlich hatte ich alles bedacht. Ich bin heute Mitglied von Bündnis’90/Die Grünen geworden.

Ich will wissen, ob sich das, was ich für richtig halte, wirklich so einfach umsetzen lässt, wie ich es mir vorstelle. Bloggen, diskutieren, Utopien schmieden – das kann ich, das können wir. Aber ich will – wenn nötig – endlich erleben, woran diese Utopien scheitern, an wem und warum. Ich fürchte mich nicht davor, für naiv gehalten zu werden: Ich glaube an eine Handvoll Utopien. Aber ich habe eingesehen, dass ich ihnen mit denken und sprechen und allein nicht näher komme.

10 Sätze über das Ausspähen unter Freunden

“Das Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht.”, sprach Angela Merkel vorgestern am Rande eines EU-Gipfels in die Mikrofone der Reporter, um ihrer Entrüstung über das Anzapfen eines ihrer Telefone durch den amerikanischen Geheimdienst Ausdruck zu verleihen. Erst, als ich dieses Zitat im O-Ton gehört habe, war ich bereit zu glauben, dass dies tatsächlich die Wortwahl der Kanzlerin war.

Wenn man diesem Satz noch ein “…, Alter!” hintanstellt, stürzt er schlagartig auf Schulhof-Niveau, weshalb ich anrege zu fragen, ob er vorher wirklich auf dem Sprachelevel der “großen Politik” war. 10 Sätze über das Ausspähen unter Freunden weiterlesen

Warum ich für eine Quote bin

Mein Artikel bezüglich der asymmetrischen Geschlechterquote bei den Grünen wurde insbesondere auf Twitter für meine Verhältnisse rege diskutiert. Ich freue mich über Zustimmung, aber mit Antifeministen will ich nichts zu tun haben.

Ich erkläre heute feierlich: Ich bin für eine Quote. Warum ich für eine Quote bin weiterlesen

Grün ist prima, aber wegen rosa und blau zögere ich noch.

Ich habe mich wohl gefühlt bei den Grünen. Ich fand mich an einem Tisch mit fremden Menschen, von denen mir die meisten gar nicht so fremd schienen. Manchmal war es mir fast unheimlich, wie einig man war, obwohl man einander zum ersten Mal sprach. Der Kreisverband Leipzig ist recht klein, die Anzahl der politisch Aktiven noch kleiner. Mir kommt eine familiäre Atmosphäre entgegen.

Ich fand es spannend, eine Idee davon zu bekommen, wie ein Arbeitskreis in einen anderen mündet und schließlich zur bundespolitischen Position wird. Mir gefiel, wie offen und ungezwungen die Arbeit trotz eines Gremiums hier und einer Versammlung da zu sein scheint. Manches kam mir ein bisschen bürokratisch vor, aber ich fürchte, Politik ist naturgemäß bürokratisch. Wenn eine Anekdote über einen Bundestagsabgeordneten durchblitzte, ein interner Spitzname, ein Indiz dafür, dass die politische Willensbildung nicht immer von unten nach oben sondern durchaus auch mal anders herum funktionieren kann, wurde ich neugierig.

Ich habe das Grundsatzprogramm komplett gelesen und am Ende nach dem Feld für meine Unterschrift gesucht. Ich habe die Leute kennengelernt und mag sie. Trotzdem: Ich bin immer noch kein Mitglied. Ich habe Schwierigkeiten mit der Geschlechter-Quote. Grün ist prima, aber wegen rosa und blau zögere ich noch. weiterlesen

Partei ergreifen? Naja, wenigstens mal vorfühlen.

Heute Abend werde ich das Neumitglieder-Treffen einer Partei besuchen. Noch bin ich kein Mitglied. Aber aufgeregt. Und irritiert von mir selbst.

Seit ich wählen darf, wähle ich grün. Immer aus Überzeugung, nie aus Gewohnheit. Seit Jahren denke ich darüber nach, in die Partei einzutreten. Ich kann deshalb sehr kompakt argumentieren, warum das eine schlechte Idee ist. Partei ergreifen? Naja, wenigstens mal vorfühlen. weiterlesen

Tot sein auf Facebook

Trauer ist eine sehr persönliche Angelegenheit.

Ich habe diese Binsenweisheit nun einige Minuten angestarrt. Vorher noch etwas länger ein Foto in meinen Facebook-Neuigkeiten. Nebenbei habe ich darüber nachgedacht, ob Pietät mit Würde zu tun hat, mit Höflichkeit oder mit gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Ich bin unsicher.

Für den Fall, dass ich dereinst sterbe, verfüge ich (u.a.) Folgendes: Tot sein auf Facebook weiterlesen

1266 Fotos später: Ratlosigkeit

Vom 01. Januar 2010 bis zum 17. Juni 2013 veröffentlichte ich jeden Tag ein Bild auf fotos.ronaldgerber.de. Ich weiß nicht genau, was dann passierte.

Auf die Idee mit dem Blog kam ich aus Trotz. Noch nie war ich so uninspiriert, unkreativ und stumpf wie in diesem Winter von 2009 auf 2010. Ich befürchtete, erwachsen zu werden. Schon geraume Zeit hatte ich aufgehört, Gesichter in Dingen zu entdecken, Mutproben auszutragen oder an Geister zu glauben. Ich fühlte mich abgeklärt. Mir war mein Blick fürs Schöne, Kitschige, Magische abhanden gekommen und meine kindliche Freude darüber. Ich hatte aufgehört mich zu wundern: Über das Leben, über den Tod und alles dazwischen. Mir passte das nicht. Ich langweilte mich. Im Sinne von: Ich war von mir gelangweilt.

So dachte ich: Was, wenn du dir eine Knipse kaufst und dir vornimmst, jeden Tag ein Foto zu machen? Und was, wenn du einen Blog daraus bastelst und die Adresse an deine Freunde schickst? Das funktionierte. Ich lernte wieder Sehen und das war verblüffend einfach. Ich trug die Kamera immer bei mir und jeden Tag entdeckte ich etwas Sehenswertes, und an den Tagen, an denen ich nichts entdeckte, pinkelte ich eben selbst ein Herz in den Schnee. 1266 Fotos später: Ratlosigkeit weiterlesen

10 Sätze von wegen Neuwahlen

Ich sehe ein, dass es offenbar zum Balzgehabe von Parteien gehört, im Vorfeld von Koalitionsverhandlungen gebetsmühlenartig harte politische Bedingungen in Journalistenmikrofone zu sprechen, die unbedingt erfüllt sein müssen, damit eine Regierungsallianz auch nur denkbar sei. Indem sie den Preis für eine Koalition nach oben treiben, stellen die Bräutigame sicher, möglichst viel der eigenen Mitgift in die anstehende Vernunftehe einzubringen.

In diesem Jahr geschieht dies jedoch mit einer so überzeugenden Mischung aus Vehemenz und Empörung, dass ich mir in Momenten nicht mehr sicher bin, ob die Parteien das überhaupt wollen: dieses Mitregieren, Mitverantworten, Mitrechtfertigen müssen. Ich wäre für etwas Contenance, bin aber drauf und dran, selbige einzubüßen, sobald jemand das Wort „Neuwahlen“ ausspricht. 10 Sätze von wegen Neuwahlen weiterlesen