10 Sätze von wegen Neuwahlen

Ich sehe ein, dass es offenbar zum Balzgehabe von Parteien gehört, im Vorfeld von Koalitionsverhandlungen gebetsmühlenartig harte politische Bedingungen in Journalistenmikrofone zu sprechen, die unbedingt erfüllt sein müssen, damit eine Regierungsallianz auch nur denkbar sei. Indem sie den Preis für eine Koalition nach oben treiben, stellen die Bräutigame sicher, möglichst viel der eigenen Mitgift in die anstehende Vernunftehe einzubringen.

In diesem Jahr geschieht dies jedoch mit einer so überzeugenden Mischung aus Vehemenz und Empörung, dass ich mir in Momenten nicht mehr sicher bin, ob die Parteien das überhaupt wollen: dieses Mitregieren, Mitverantworten, Mitrechtfertigen müssen. Ich wäre für etwas Contenance, bin aber drauf und dran, selbige einzubüßen, sobald jemand das Wort „Neuwahlen“ ausspricht.

Es geht um das Regieren eines Landes und nicht um eine verfahrene Partie Solitair, bei der man die Karten mal eben neu mischt, wenn sie sich nicht so fügen wollen, wie man sich das wünscht. Wir haben gewählt, und obwohl ich mir ein anderes Ergebnis gewünscht hätte, ist das Resultat dieser Wahl über Kategorien wie gut oder schlecht und richtig oder falsch erhaben.

Das Einzige, was sich nun sehr offensichtlich als sehr falsch herausstellt, sind die definitiven Koalitionszu- oder -absagen, die die Parteien im Wahlkampf getroffen haben und die mindestens eine von ihnen jetzt brechen muss. Das von den Parteien erfundene und von den Medien breit getretene Bild des undankbaren Steigbügelhalter-Postens darf allerdings nicht zum Problem der Wähler werden.

Die, mit denen ich bisher gesprochen habe, finden ein bisschen Rot oder ein bisschen Grün in Regierungsverantwortung nämlich immer noch besser, als ungebrochenes Tiefschwarz (jedenfalls so lange, bis die beiden Rots einander am gleichen Tisch ertragen können).

Ich fordere deshalb: Lasst die Zickereien und bildet gefälligst eine Regierung.