Das Küchenradio meines Lieblingsmenschen ist auf eine fürchterliche Schlagerwelle eingestellt, auf die ich normalerweise so ähnlich reagiere, wie auf das Geräusch eines Presslufthammers in Stahlbeton – Ohrenzuhalten und schreiend weglaufen. Letzten Sonntag aber, ich war gerade beim Zwiebelnschneiden, trällerte plötzlich Wencke Myhre hinter den Membranen und nach sechs Tagen bin ich soweit offen zugeben zu können: Mir gefiel das. Liedeserklärung: Wencke Myhre – Keep Smiling weiterlesen
Kategorie: Musik
Liedeserklärung: Holy Other – Touch
Diesen Song hörte ich zum ersten Mal in einem Werbeclip für Nokias neues Windows Tablet. Das Gerät läuft mit dem abgespeckten Windows RT und blieb mir deshalb trotz großer Sexiness suspekt.
Das passt sehr gut zum Song. Denn eigentlich ist es keiner. Es gibt nur zwei Zeilen Text, nur 30 Sekunden mitnickbaren Rhythmus und keine vorhersagbare Struktur. Dafür aber viel technologische Sexiness: alles glatt, alles ultrahoch aufgelöst, alles hell, kühl, perfekt. Kein Ruckeln, kein Knarzen, keine Fingerabdrücke. Ein Hauch vielleicht, der an einer Glasscheibe kondensiert.
Mir gefällt, was das Stück Musik mit Zeit und Gravitation macht. Es gibt harte Brüche, aber wenn der Zeit das Vergehen überhaupt erlaubt wird, dann nur mit minimaler Geschwindigkeit, so dass sich jeder Lichtreflex voll entfalten kann. Dinge in diesem Soundtrack behalten ihre Massivität, aber sie verlieren ihr Gewicht, damit sie in gebührendem Abstand über dem erdigen Boden schweben können.
Der Track lässt viel Platz, aber nicht für Menschlichkeit und Wärme. Mich fasziniert, dass mich das fasziniert. Eigentlich solle es mich gruseln. Ich teile diesen Gedanken, weil er in diese Zeit gehört. Wir entwickeln Technologie, die uns überlegen ist. Wir treten über in den Teil der Geschichte, in dem nicht der Mensch die Technologie steuert, sondern die Technologie den Menschen. Wir können nicht aufhören zu glauben, dass uns Technologie besser macht. Dass sie uns zu ihren Kindern macht, nehmen wir hin.
Wir glauben an die Zukunft. Ich frage mich oft, wie Musik wohl in zehn Jahren klingen wird. Und wenn ich zehn Jahre später dann die Antwort streame, während ich durch den nagelneuen U-Bahn-Tunnel unter meiner Stadt rausche, drückt es mich in die Polster.
Liedeserklärung: Thist Mortal Coil – Song to the Siren
Zum ersten Mal hörte ich diesen Song 1998 in einem Kino als Teil des Soundtracks für David Lynchs “Lost Highway”: In einer gottverlassenen Wüstenlandschaft steht ein Pick-Up, dessen Scheinwerfer eine Insel aus Licht in die Nacht werfen, auf deren Mitte sich zwei Menschen in Zeitlupe lieben – Wow.
Der Song ging mir tagelang nicht aus dem Kopf, ebenso wenig wie der Film. Ich war jung und naiv damals und niemand hatte mir gesagt, dass es gerade der Witz an David Lynch Filmen ist, dass sie keinen greifbaren Sinn ergeben. Liedeserklärung: Thist Mortal Coil – Song to the Siren weiterlesen
2013: Meine 5 Lieblingsplatten.
Ich liebe musikalische Jahresrückblicke auf anderen Blogs und veranstalte deshalb diesjahr (ich kann doch nicht ernsthaft “heuer” schreiben!) selbst einen. Vielleicht sogar zwei. Heute geht es um Empfehlung ganzer Platten, demnächst vielleicht noch um einzelne Songs. Musikempfehlungen, die nicht von Algrorithmen sondern von echten Menschen ausgesprochen werden sind das Vinyl der Zwanzigzehner, ich sag’s euch. Um sich für die nun folgende Liste zu qualifizieren genügte es übrigens, dass mir die Platten dieses Jahr in die Hände gefallen sind. Wann sie erschienen ist mir schnurzpiepegal. 2013: Meine 5 Lieblingsplatten. weiterlesen
Liedeserklärung: Atoms for peace – Default
Ich finde es schwierig über Musik zu reden. Noch stärker als bei anderen Themen, riskiert man hier, die Blüten des eigenen Geschmacks mit objektiven Kriterien zu verwechseln. Darauf, was schlechte Musik ist, kann man sich einigen. Was aber ist gute Musik? Für alle, die sich vor Subjektivität nicht fürchten, gibts eine einfache Antwort: Gute Musik erkennst du daran, dass sie dich berührt.
Mich berührt zurzeit Default von Atoms For Peace. In meiner Jugend in den 90ern, war ich sehr fasziniert von dem Gedanken, einen Jahrtausendwechsel mitmachen zu dürfen. Millennium war am Ende auch nur ein Silvester, das musste ich einsehen. Keine Stromausfälle, keine kollabierten Bank-Systeme, nichtmal einen vernünftigen Rechnerabsturz zuhause gab es. Und dennoch barg das Jahr Zweitausend ein Versprechen von Zukunft, ja von Sci-Fi, das in Neunzehnhundertneunundneunzig niemals gepasst hätte. Oft habe ich mich gefragt, wie sich dieses neue Jahrtausend anfühlen würde. Und weil sich Lebensgefühl und Musik ja zueinander verhalten wie Wetter zu Kleidung, fand ich es ungeheuer spannend, mir vorzustellen, wie 2000plus wohl klingen wird. Nach 13 Jahren einundzwanigstem Jahrhundert hat die Menschheit verstanden, wie es klingen muss: Folgendermaßen.
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