Was in Chemnitz passiert, beschäftigt mich sehr. Ich habe Familie dort, ich kenne die Stadt ein bisschen und auf eine Art fühle ich mich zuhause da. Man merkt Chemnitz an, dass es lange geschrumpft ist, nach der Wende. Man merkt der Stadt an, dass sie eigentlich für viel mehr Einwohner gebaut ist, vielleicht für doppelt so viele. Aber wenn man genau hinsieht, kann man auch erkennen, dass sich die Stadt bewegt und entwickelt. Häuser werden renoviert und es kommen wirklich wundervolle Viertel zum Vorschein, wie zum Beispiel der Kaßberg. Gewerbe siedelt sich an, Industrie hat sich schon länger angesiedelt, in den letzten Jahren ließ sich sogar ein zarter Zuzug verzeichnen. Wohl auch von Ausländern. Ihr Anteil hat sich im letzten Jahr um ein Prozent erhöht. Von 7 auf 8 Prozent. Kann man das spüren, wenn man in Chemnitz lebt? In der Nähe von Flüchtingsunterkünften bestimmt. Bestimmt an den belebten Punkten in der Innenstadt, wie an der Zentralhaltestelle. Aber kann es sich so dramatisch anfühlen, wie sich Chemnitz gerade dramatisch anfühlt? Eigentlich nicht. Berlin hat 18 Prozent Ausländeranteil. Köln hat 16. Es gibt Probleme da. Aber nicht so ein Drama. Warum? Über parallele Welten am Beispiel von Chemnitz weiterlesen
Schlagwort: Facebook
Tot sein auf Facebook
Trauer ist eine sehr persönliche Angelegenheit.
Ich habe diese Binsenweisheit nun einige Minuten angestarrt. Vorher noch etwas länger ein Foto in meinen Facebook-Neuigkeiten. Nebenbei habe ich darüber nachgedacht, ob Pietät mit Würde zu tun hat, mit Höflichkeit oder mit gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Ich bin unsicher.
Für den Fall, dass ich dereinst sterbe, verfüge ich (u.a.) Folgendes: Tot sein auf Facebook weiterlesen
Jeden Furz bei Facebook reinstellen, aber über Prism schimpfen. Here’s why.
„Ich verstehe nicht, warum du dich über die NSA-Bespitzelung so aufregst, wo du doch alle möglichen privaten Informationen über dich bei Facebook breit trittst.“
„Das ist etwas völlig anderes.“
„Das ist das Allergleiche.“
Ist es nicht. Weil ich es in den letzten Wochen gefühlte 93 Mal erklärt habe, hier ein letztes Mal schriftlich in ein Offline-Gleichis verpackt: Jeden Furz bei Facebook reinstellen, aber über Prism schimpfen. Here’s why. weiterlesen
Hassliebe: Die Wanze in meiner Tasche
Miriam Meckel, Direktorin am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement in St. Gallen, twitterte letzte Woche:
“Think of your smartphone as a tracking device that happens to make a call. “
Wir wissen, dass mit Hilfe unsere Mobiltelefone Bewegungsprofile von uns erstellt werden können. Und auch, dass von dem, was wir als Privatsphäre (miss)verstehen nicht viel übrig bleibt, wenn man die Verbindungsdaten und den Datenverkehr zur Auswertung hinzuziehen würde. Wir nehmen das hin. Aber Warum?
Mir gelingt das, weil ich entgegen Meckels Vorschlag eben nicht daran denke. Ich wische meine Überwachungsfantasien wie Fettflecken vom Display, indem ich mir einrede, sie wären übertrieben und psychotisch. Ich halte Orwell und Huxley für Science-Fiction-Autoren, nicht für Propheten. Ich lache über Verschwörungstheorien. In meiner betriebswirtschaftlichen Ausbildung habe ich gelernt, dass Konzerne mein Geld wollen, nicht aber mein Leben. Ich bezweifle, dass der Staat mich kontrollieren will, weil ich mir immer noch einrede, ich sei der Staat. Aber ich finde es zunehmend schwieriger, mir zu glauben.
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Facebook: Der Phishvergiftung nur knapp entgangen
Heute Morgen – ich begrüßte den Tag noch einigermaßen verschlafen mit einer Tasse grünem Tee – empfing ich auf Facebook eine Nachricht von einer Freundin. Im Nachrichtentext stand nur “Das Foto ist auch von dir, oder?” gefolgt von einem bit.ly-Link und der zugegeben etwas hölzernen Grußformel “Mit Liebe!!!”. Ich öffnete den Link und landete erneut auf einem Facebook-Login. Hier hätte ich stutzig werden sollen. Bin ich aber nicht, weil ich erst gestern die Cookie-Einstellungen meines Browsers geändert habe, so dass im Augenblick einige Seiten nicht mehr ganz so funktionieren, wie das alle Beteiligten gern hätten. Weil ein Auge noch vom Schlaf verklebt war und das andere schon von der Morgensonne geblendet, habe ich mich brav nochmal eingeloggt. Und zwar hier:
Doch, die Seite kam mir komisch vor. Besonders weil “Sie sollten geloggt sein, um fortzusetzen.” kein Satz meiner Muttersprache ist. Aber ein kurzer Blick in die Adresszeile beruhigte mich: Da stand facebook.com.
Nach dem Drücken des “Anmelden”-Knopfes landete ich bei Rapidshare, einem eher zweifelhaften Filesharing-Service und war aufgefordert, eine Datei herunterzuladen. Da ich aber zum Zähneputzen mehr Lust hatte unterließ ich dies. Außerdem war es für Erwachsenenunterhaltung zu früh, ich für illegal verbreitete Medien zu alt und für Viren und Schadsoftware zu clever. Nicht aber für andere hinterhältige Tricks computeraffiner Bauernfänger.
Das sonore Vibrieren meiner Zahnbürste rüttelte zwei Minuten später mein Gehirn wach. Ich logge mich bei Facebook ein und lande bei Rapidshare? Holzauge sei wachsam! Einen Klick auf den Zurück-Knopf später war klar: Ich war Opfer einer Phishing-Attacke geworden. Die Loginseite war eben nicht die von Facebook. Die eigentliche Domain lautete clearstreamz04.com und das wäre dem aufmerksamen Betrachter auch nicht entgangen. Verschlafen und schafdoof hatte ich meinen Facebook-Login jemandem preisgegeben, der damit alles aber nichts Gutes vor hatte. Genauso war es wahrscheinlich auch der Freundin ergangen, von deren Account ich die tückische Nachricht erhielt. Cyberkriminelle hatten sich ihres Zuganges bemächtigt und einen neugierig machenden Köder nach ihren Freunden ausgeworfen. Mir hat er geschmeckt. Wer weiß, welch fieses Schnipselchen Software ich mir da an Land gezogen hätte. Gut möglich, dass man meinen Rechner fortan als Spamschleuder benutzt oder meine Online-Banking-Kennungen ausgespäht hätte.
Knietief im Honigpott änderte ich sofort mein Passwort und auch meine Login-Emailadresse um nicht noch weiter hineinzurutschen.
Nach einer guten Viertelstunde, in der ich meiner Hündin laut fluchend klarzumachen versuchte, dass sie soeben Zeugin epochaler Dämlichkeit geworden war, ging meine Entrüstung in Staunen über. Sowas passiert ausgerechnet mir? Ich blogge über Datenschutz, Spionagegefahren, Kameraüberwachung und geheime Nutzerprofile um mich dann in völliger Apathie der stümperhaften Kopie der Anmeldeseite eines ohnehin mit äußerster Vorsicht zu genießenden sozialen Netzwerkes hinzugeben? Herrje!
Die anschließende Viertelstunde freute ich mich darüber, dass ich weder meinen für Facebook genutzten Nutzernamen noch das Passwort irgendwo anders zum Login verwende. Was für eine Katastrophe hätte das werden können? Man male sich aus, meine Facebook-Anmeldedaten würden auch bei Amazon funktionieren, bei Ebay, bei Paypal oder meinem E-Mail-Dienst! Man male sich aus, ich würde all meine E-Mails – auch die mit Logindaten und Passwörtern zu anderen Diensten – in der glitzernden gehypten Cloud lagern und jemand anders außer mir bekäme Zugang zu diesen Mails! Das hätte in einer sehr üppigen Shopping-Tour auf meine Kosten enden können, die mir wahrscheinlich keine Versicherung der Welt ersetzt hätte. Zum Einkaufen wären schließlich meine korrekten Anmeldedaten verwendet worden.
Den Rest des Tages habe ich hauptsächlich damit verbracht meine Mails zu checken, in der stillen Freude darüber, dass keine Bestellbestätigung für ein exklusives Ledersofa oder die Messeneuheit in Sachen Plasmatelevison darunter befand. Knapp war das! Aufpassen!