Ein Radiointerview über Veganismus, Sexismus & PR. Richtig! Über PETA.

Tom Bond, Radiomacher bei  Corax – dem freien Radio im Raum Halle – hat sich über PETA’s jüngste “Veganer sind brutale Lustmolche”-Kampagne wohl genauso geärgert wie ich. Auf der Suche nach weiteren Informationen und Meinungen zum Spot und der dazugehörigen Website ist er auf einen Blogbeitrag von mir gestoßen. Darin veröffentliche ich die Stellungnahme, die mir PETA auf meine Fragen zur Kampagne und meinen Protest dagegen zur verfügunggestellt hat.

Tom bat mich daraufhin um ein Interview für’s Radio. Nachdem sich meine anfängliche Panik gelegt hatte und ich mich darauf besann, dass sich Menschen wie Hather de Lisle schließlich sogar in Fernsehtalkshows als Expertin betiteln lassen, fasste ich mir ein Herz.

Sind wir nicht alle ein bisschen „Hersteller von Presseerzeugnissen“?

Dass der Koalitionsausschuss der Bundesregierung gestern beschlossen hat, dem Drängen der Zeitungsverlage auf eine Zwangsprämierung der Weiterverwendung ihrer Inhalte im Netz nachzugeben, wurde bei Niggemeier, Netzpolitik und Co. ja bereits mit gebührender Empörung breitgetreten. Der Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht wird offiziell erarbeitet, ist inoffiziell längst fertig und wird unter der Hand als quasi längst durchgedrückt gehandelt.
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TV-Kritik: Roche und Böhmermann

Der schmissige, selbstreferentielle Galgenhumor, mit dem die experimentelle Schose anmoderiert wurde, durchzog sie wie ein roter Faden: Verkabelte die launigen Tischmikrofone, die statt den modernen Knöpfen am Revers verwendet wurden, fädelte die kleinen Zettel mit Regieanweisungen auf, die den Moderatoren von Zeit zu Zeit gereicht und nicht geflüstert wurden und hielt den Gesprächskreis, der optisch mehr an eine Pokerrunde oder Probeaufnahmen für den noch zu erfindenden Presseclub erinnerte, zusammen.

In vielem versuchte man sich vom Überangebot konventioneller Talkshows zu unterscheiden, vor allem aber im Style. Es gab Whiskey mit oder ohne Eis, es durfte geraucht werden und wer fluchen wollte, konnte sich mit Hilfe eines praktischen Klingelknopfes in der Tischmitte selbst ausbeepen. Getrunken wurde jedoch kaum, geraucht wurde gar nicht, zensiert vor allem zu Demonstrationszwecken.
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Geduldsprobe: Deutscher Meister im Aussitzen

Die Rebellion der Leitmedien bekommt trotzige Züge und die Empörungswelle im Netz treibt seltsame Blüten, beispielsweise in Form von Korruptionsvorwürfen als Sammelbildern. Beim Bäcker um die Ecke rollt man mit den Augen, wenn die Radiosprecherin den nächsten Vorwurf gegen Bundespräsident Wulff enthüllt und findet, dass es nun wieder gut sein muss.

Nein, muss es nicht. Darf es nicht. Wird es nicht. Nicht so lange wir finden, dass ein Bundespräsident gebraucht wird.

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Schoßgebete: Geil auf’s Reden

Das Buch, dass ich gelesen habe, heißt zwar “Schoßgebete”, hat aber ansonsten mit dem im medialen Mainstream besprochenen nicht viel zu tun.

In meinem Buch ist auch viel von Sex die Rede. Im Vordergrund steht allerdings ein furchtbarer Unfall, bei dem drei Brüder der Romanheldin Elizabeth auf dem Weg zu deren Hochzeit ums Leben kamen. Dieser Unfall hat sie tief traumatisiert und dazu geführt, dass der Tod immer nur einen Gedanken entfernt ist.

Elizabeth ist permanent auf der Flucht. Sie weiß nicht, wie viel Zeit bleibt. Sie muss alles richtig machen: Richtig essen, die richtigen Zeitungen lesen, richtig wählen, ihr Kind richtig erziehen, ihre Ehe richtig führen und ja, auch richtig vögeln. Andererseits weiß sie, dass sie ihre Flucht vor dem Tod demselben geradewegs in die Arme treiben wird. Deswegen muss alles endgültig sein. Es muss abgerechnet sein: Mit der eigenen Familie, der besten Freundin, dem Ex und mit der Bild-Zeitung. Für Kompromisse ist kein Platz, für Entwicklungen ist keine Zeit.
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Kann es sein, dass wir gerade im ICE nebeneinander sitzen?

Wann immer ich in einem Fernzug platz nehme – und ich tue dies regelmäßiger, als mir lieb ist – zücke ich das Handy und starte Tweetdeck. Dieser sehr funktionale Twitter-Aggregator versorgt mich mit den neuesten Nachrichten meiner Freunde, den aktuellsten Updates der Menschen und Institutionen, denen ich auf Twitter folge und immer neuen Links zu Artikeln, die mich interessieren. Man muss die wenigen Minuten die der Zug noch im Bahnhof steht nutzen um so viele Informationen wie möglich abzurufen, in Wirklichkeit ist das mobile Internet so mobil nämlich nicht.

Als ich neulich also in geübter Nerd-Pose (Kopf auf die Brust, Smartphone auf den Bauch) im Zugsessel vor mich hin updatete, setzte sich eine junge Frau neben mich. Ich bemerkte sie nur deshalb, weil sie auf der Suche nach der Steckdose zwischen den Sitzen mit ihrer Hand meinen Oberschenkel berührte. Einige Minuten später – der Zug fuhr, ich wartete auf das mobile Internet – folgte mein Blickt dem Kabel des Ladegerätes, dass sie angeschlossen hatte bis zu ihrem Handy. Sie verwendete Tweetdeck. Ich musste kichern, war aber nicht laut genug, um sie aus ihrer Timeline zu reißen.

Mir war schon vor längerer Zeit klar geworden, dass unsere kleinen digitalen Begleiter den zwischenmenschlichen Kontakt mit Unbekannten auf eine unangenehm transzendente ebene hieven. Anstatt den Blick zu heben und der Person, der man gegenüber sitzt ein Lächeln zu schenken, senken wir lieber den Kopf und drücken “Gefällt mir”. Bisher habe ich mir immer recht überzeugend einreden können, dass uns Bücher und Zeitungen schon seit Ewigkeiten vom Beieinandersein in öffentlichen Verkehrsmitteln abgehalten haben und Handys & Co. dies allerhöchstens ein kleines bisschen verschärft haben. Die Situation jetzt war aber so skuril, dass ich sie nicht aushalten konnte.

Was aber tun? Den Kopf heben und lächeln? Dafür war ich nicht mutig genug. Abgesehen davon, war sie viel zu vertieft in Tweets und Retweets, als das sie mein Lächeln hätte bemerken können. Sie ansprechen? Um wenigstens eine kleine Chance auf Erfolg zu haben, hätte ich ihr hierfür zuerst die Stöpsel aus den Ohren angeln müssen. Ihre Musik war ziemlich laut. Aber gut. Ich kannte die Band.

Also suchte ich – eine klassische Übersprungshandlung – nach Updates über die Band bei Twitter. Und fand:

_susaramsch: I am listening to Epica http://bit.ly/i5IPWS @GetGlue #Epica

Hatte sie das geschrieben? Direkt neben mir? Vor einer Minute? Wie wahrscheinlich war es, dass irgendwo irgendjemand auch gerate Epica hört und darüber twittert? Ich musste es herausfinden und schrieb:

kopfkompass: @_susaramsch ein bisschen riskant aber vielleicht witzig: Kann es sein, dass wir gerade im ICE nebeneinander sitzen? 😉

Die folgende Minute verbrachte ich breit grinsend. Ich konnte den Blick nicht vom Handybildschirm abwenden. Und zwar von ihrem. Tatsächlich: Ein kleiner gelber Punkt meldete einen neuen Tweet an sie.
Sie nahm die Stöpsel aus den Ohren, hob den Kopf und lächelte mich an.

Den Rest der Fahrt verbrachten wir in einem sehr angeregten Gespräch. Wir unterhielten uns einfach. Über alles mögliche. Wahrscheinlich so ähnlich, wie sich Menschen vor der Erfindung von Smartphones, iPods, Walkmans und sogar des Buchdrucks unterhalten haben. Es war sehr angenehm.

Seither folgen wir einander auf Twitter.

Ist mir auch noch nicht passiert. Lustig war’s aber. http://bit.ly/fJ2Lys

Hoffnung für das Internet

Gestern las ich einen Artikel im Wirtschaftsteil der Zeit vom 27. Januar 2011 mit dem schönen Titel: Angriff auf Google. Darin wurde beschrieben, wie Google mittlerweile zum unflexiblen und ideenlosen Schwergewicht geworden ist, welches sich Innovationen durch Firmenübernahmen einverleibt und oftmals aus strategischen Gründen verkümmern lässt.

Einige Gründe warum Thilo Sarrazin irrt

Eigentlich wollte ich gar nichts dazu schreiben, aber jetzt ist es so präsent und ich habe mich am Wochenende so über das Interview in der Zeit aufgeregt, dass ich etwas schreiben musste. Ich werde versuchen fünf Punkte darzulegen, welche mir besonders am Herzen liegen. Zunächst die Problematik der Logik von Thilo Sarrazin, welche hochgradig selektiv ist. Und danach möchte ich vier seiner Annahmen kurz erörtern: fehlende Ausdifferenzierung der sozialstrukturellen Dynamiken (Minderheitengröße), den kulturellen Bias, die vollkommen ungerechtfertigte Argumentation mit den Genen und letztlich die einseitige Auslegung von Gleichheit.
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Neu: iHomophob by Apple

Bisher habe ich das Geschrei um Apples rigide Zensurpolitik eher belustigt als besorgt verfolgt. Ähnlich wie Cäsar in der Arena entscheiden die kalifornischen Designkönige mit Daumen hoch oder Daumen runter über Sein oder Nicht-Sein von Anwendungen, e-Books oder elektronischen Magazinen in ihrem App-Store. Mitunter geht es dabei auch um Leben und Tod der kleinen Entwicklerfirmen, die in die Programmierung ihrer Software speziell für die Apple-Geräte viel Geld gesteckt haben, nun aber wegen Daumen runter damit keines verdienen dürfen. Die antiquierten, ja geradezu biederen Vorstellungen von Moral und Züchtigkeit, die aus vielen dieser Entscheidungen sprechen, beispielsweise aus jener, das barbusige Bild-Mädchen auf Seite 1 einen Bikini anzuziehen, kommen mir zwar geradezu lächerlich bevormundend vor, haben mich aber bisher nicht besonders aufgeregt.
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Fußball lehrt uns mehr als nur das Spiel mit dem Ball!

In der Halbzeit des Fußballspiels Deutschland gegen Australien kommentierte Kathrin Müller-Hohenstein das Tor von Miroslav Klose mit den Worten: “Und für Miroslav Klose: ein innerer Reichsparteitag, jetzt mal ganz im Ernst, dass der heute hier trifft” (Youtube, Der Spiegel, n-tv.de). Ich selbst war entsetzt und konnte nicht wirklich glauben, was ich da gerade gehört hatte. Mir kamen aber auch sofort einige Zweifel, weil mir die Redensart nicht vollkommen neu war. Deshalb habe ich ein wenig zum Begriff recherchiert. Fußball lehrt uns mehr als nur das Spiel mit dem Ball! weiterlesen