Niemand wird Veganer, weil ihm Fleisch nicht schmeckt.
Wie die Meisten hatte ich, bis ich groß und stark war, schmatzend eine Menge Schnitzel, Bratwürste, Broiler, Steaks und Knackwürste verdrückt und einige Hundert der leckersten Bouletten der Welt, die leider nur meine (!) Mutter herstellen konnte. Wie für die Meisten war die Völlerei der Genuss von Fleisch in meinem Elternhaus eine leckere Selbstverständlichkeit, auf die mein Geschmacksempfinden jahrelang konditioniert wurde, wie meine Hündin auf meinen Pfiff.
Das änderte sich nicht, als mir schließlich dämmerte wie viel Leid ich mit zu verantworten habe, damit die heiße Bockwurst schließlich fettspritzend unter meinem beherzten Biss zerplatzen kann. Das änderte sich auch nicht, als ich kapierte, was für eine ökologische Katastrophe die Produktion von knusprigen Chicken Wings ist; ich fürchte ehrlich gesagt, das wird sich nie ändern.
Die Entscheidung, vegan zu leben ist so gesehen die doppelt unterstrichene Summe unter einer langen Rechnung, bei der vom Riesenplus des Geschmacks grober Leberwurst nach Abzug von Ökologie, Ökonomie und Mitgefühl meiner Meinung nach nichts übrig bleibt. Und obwohl die vegane Küche ungeheuer viele Entdeckungen bereithält, die nichts anderes als pflanzlich sein wollen und trotzdem verboten lecker sind, freue ich mich über jedes schmackhafte Fleisch-Ersatz-Produkt, das ich entdecke.
Wheaty hat seit einiger Zeit ein unwiderstehliches veganes Dönerfleisch im Angebot, bei Aldi Nord gibt es veganen Aufschnitt, der wie Räucherwurst schmeckt, und sogar meine Lieblings-Pommesbude in Leipzig hat mittlerweile vegane Currywurste im Programm, und zwar gleich zwei Sorten.
Ich sehe ein: Diese Kleinode der modernen Lebensmittelchemie sind oft weder “gesund” noch natürlich. Aber für die wenigen Momente, in den mich die Fleischeslust packt und in Björn Moschinski’s Kopps gerade kein Tisch frei ist, an dem mir eine Seitan-Roullade serviert werden könnte, sind sie per-fekt.