In der Halbzeit des Fußballspiels Deutschland gegen Australien kommentierte Kathrin Müller-Hohenstein das Tor von Miroslav Klose mit den Worten: “Und für Miroslav Klose: ein innerer Reichsparteitag, jetzt mal ganz im Ernst, dass der heute hier trifft” (Youtube, Der Spiegel, n-tv.de). Ich selbst war entsetzt und konnte nicht wirklich glauben, was ich da gerade gehört hatte. Mir kamen aber auch sofort einige Zweifel, weil mir die Redensart nicht vollkommen neu war. Deshalb habe ich ein wenig zum Begriff recherchiert. Fußball lehrt uns mehr als nur das Spiel mit dem Ball! weiterlesen
Die Quittung kommt am Ende!
Was zum Teufel passiert da gerade in unserem Land? Man könnte ja den Eindruck gewinnen, dass die große Flucht vom sinkenden Schiff einsetzt. Roland Koch tritt zurück, weil Politik nicht sein Leben ist und Horst Köhler vermisst den Respekt vor seinem Amt. Beides sind sehr legitime Gründe sich aus der Politik zurückzuziehen. Aber selbst wenn ich mich nicht dem Echo in den Medien anschliessen will, so drängt sich mir doch der Eindruck auf, dass es ein wenig drunter und drüber geht. Und um ganz ehrlich zu sein, weiss ich gar nicht recht was ich davon halten soll, aber vielleicht kann mir ja jemand helfen ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen?!
Pack die Kettensäge weg!
Ron hat in seinem Beitrag vollkommen richtig auf drei grundsätzlich Fragen verwiesen und ohne Zweifel mag die Kettensäge für verwilderte Bäume ein adäquates Werkzeug sein, allerdings bezweifele ich die Angemessenheit im Zusammenhang mit Einkommensumverteilung oder Restrukturierung unseren politischen oder wirtschaftlichen Systems. Ich will es an zwei der drei Themen verdeutlichen, die Ron bereits diskutierte.
Mit der politischen Kettensäge gegen Wildwuchs: Ein Ausweg?
Alex’ ausführliche Analyse vom Donnerstag, gibt viele Antworten und Einblicke. Aber sie wirft auch Fragen auf. Und zwar sehr grundsätzliche:
1. Warum ist Umverteilung so schwierig?
2. Wer ist der Staat?
3. Wer oder was ist die EU?
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Die Dreifaltigkeit politischer Irrwege
Das Hauptargument in Rons Artikel von letzter Woche ist, dass Strukturprobleme in unserer Wirtschaft dazu führen, dass Kapitaleigner sich durch wildes Spekulieren an den Kapitalmärkten bereichern. Und dass beim Kollaps der Steuerzahler die Verluste kompensiert. So sehr wie ich mit diesem Argument übereinstimme, muss ich doch auch ein wenig auf gewisse Annahmen hinweisen, welche in Rons Argumentation getroffen werden. Zunächst fußt die Argumentation auf nationalen, binneneuropäischen und internationalen Problemen, welche im entsprechenden Kontext diskutiert werden müssen. Deshalb möchte ich mich ein wenig mehr analytische Trennschärfe bemühen.
NEU: Alle Richtungen
Obwohl es die Anzahl der Kommentare nicht vermuten lässt, erfreut sich dieser Blog einer hartnäckigen Stammleserschaft, die sogar in Durstrecken ohne neue Beiträge nicht das Interesse verliert sondern Ermutigungsmails schreibt: Weiter! Öfter! Schneller! Mehr!
Das Interesse dieser Menschen – Ihr Interesse! – ist wertvoll und ich will es pflegen.
Ab sofort gibt es außer mir, Ron, zwei weitere Autoren, die auf kopfkompass.de veröffentlichen: Alex und Klemens. Beide sind enge Freunde von mir, mit denen ich viel über die Themen diskutiere, die ich bisher hier besprochen habe. Diese Themen sollen – wie hoffentlich viele neue – auch weiterhin hier besprochen werden. Aber eben nicht länger nur von mir. Was ist ein Kompass wert, der nur in Richtung zeigt?
Willkommen an Bord. Und: Vorwärts! In alle Richtungen.
Facebook: Der Phishvergiftung nur knapp entgangen
Heute Morgen – ich begrüßte den Tag noch einigermaßen verschlafen mit einer Tasse grünem Tee – empfing ich auf Facebook eine Nachricht von einer Freundin. Im Nachrichtentext stand nur “Das Foto ist auch von dir, oder?” gefolgt von einem bit.ly-Link und der zugegeben etwas hölzernen Grußformel “Mit Liebe!!!”. Ich öffnete den Link und landete erneut auf einem Facebook-Login. Hier hätte ich stutzig werden sollen. Bin ich aber nicht, weil ich erst gestern die Cookie-Einstellungen meines Browsers geändert habe, so dass im Augenblick einige Seiten nicht mehr ganz so funktionieren, wie das alle Beteiligten gern hätten. Weil ein Auge noch vom Schlaf verklebt war und das andere schon von der Morgensonne geblendet, habe ich mich brav nochmal eingeloggt. Und zwar hier:
Doch, die Seite kam mir komisch vor. Besonders weil “Sie sollten geloggt sein, um fortzusetzen.” kein Satz meiner Muttersprache ist. Aber ein kurzer Blick in die Adresszeile beruhigte mich: Da stand facebook.com.
Nach dem Drücken des “Anmelden”-Knopfes landete ich bei Rapidshare, einem eher zweifelhaften Filesharing-Service und war aufgefordert, eine Datei herunterzuladen. Da ich aber zum Zähneputzen mehr Lust hatte unterließ ich dies. Außerdem war es für Erwachsenenunterhaltung zu früh, ich für illegal verbreitete Medien zu alt und für Viren und Schadsoftware zu clever. Nicht aber für andere hinterhältige Tricks computeraffiner Bauernfänger.
Das sonore Vibrieren meiner Zahnbürste rüttelte zwei Minuten später mein Gehirn wach. Ich logge mich bei Facebook ein und lande bei Rapidshare? Holzauge sei wachsam! Einen Klick auf den Zurück-Knopf später war klar: Ich war Opfer einer Phishing-Attacke geworden. Die Loginseite war eben nicht die von Facebook. Die eigentliche Domain lautete clearstreamz04.com und das wäre dem aufmerksamen Betrachter auch nicht entgangen. Verschlafen und schafdoof hatte ich meinen Facebook-Login jemandem preisgegeben, der damit alles aber nichts Gutes vor hatte. Genauso war es wahrscheinlich auch der Freundin ergangen, von deren Account ich die tückische Nachricht erhielt. Cyberkriminelle hatten sich ihres Zuganges bemächtigt und einen neugierig machenden Köder nach ihren Freunden ausgeworfen. Mir hat er geschmeckt. Wer weiß, welch fieses Schnipselchen Software ich mir da an Land gezogen hätte. Gut möglich, dass man meinen Rechner fortan als Spamschleuder benutzt oder meine Online-Banking-Kennungen ausgespäht hätte.
Knietief im Honigpott änderte ich sofort mein Passwort und auch meine Login-Emailadresse um nicht noch weiter hineinzurutschen.
Nach einer guten Viertelstunde, in der ich meiner Hündin laut fluchend klarzumachen versuchte, dass sie soeben Zeugin epochaler Dämlichkeit geworden war, ging meine Entrüstung in Staunen über. Sowas passiert ausgerechnet mir? Ich blogge über Datenschutz, Spionagegefahren, Kameraüberwachung und geheime Nutzerprofile um mich dann in völliger Apathie der stümperhaften Kopie der Anmeldeseite eines ohnehin mit äußerster Vorsicht zu genießenden sozialen Netzwerkes hinzugeben? Herrje!
Die anschließende Viertelstunde freute ich mich darüber, dass ich weder meinen für Facebook genutzten Nutzernamen noch das Passwort irgendwo anders zum Login verwende. Was für eine Katastrophe hätte das werden können? Man male sich aus, meine Facebook-Anmeldedaten würden auch bei Amazon funktionieren, bei Ebay, bei Paypal oder meinem E-Mail-Dienst! Man male sich aus, ich würde all meine E-Mails – auch die mit Logindaten und Passwörtern zu anderen Diensten – in der glitzernden gehypten Cloud lagern und jemand anders außer mir bekäme Zugang zu diesen Mails! Das hätte in einer sehr üppigen Shopping-Tour auf meine Kosten enden können, die mir wahrscheinlich keine Versicherung der Welt ersetzt hätte. Zum Einkaufen wären schließlich meine korrekten Anmeldedaten verwendet worden.
Den Rest des Tages habe ich hauptsächlich damit verbracht meine Mails zu checken, in der stillen Freude darüber, dass keine Bestellbestätigung für ein exklusives Ledersofa oder die Messeneuheit in Sachen Plasmatelevison darunter befand. Knapp war das! Aufpassen!
Ein Irrweg als Wachstumspfad
Gestern erklärte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle die Weltwirtschaftskrise für beendet. Er sieht “Deutschland wieder auf dem Wachstumspfad” und bemühte sich, im Bundestag allgemeinen Optimismus zu verbreiten.
Mir wurde beim Lauschen dieser Nachrichten aus einer Parallelwelt ein bisschen flau im Magen, und der linke Chefvolkswirt Michael Schlecht erklärte mir im gestern erschienen Freitag sehr eindrücklich warum. Dass es – Krise hin, Krise her – ziemlich schwerwiegende strukturelle Probleme in unserer Wirtschaftsordnung gibt, ist mir schon eine Weile klar. Dass sich diese aber auf so einfache Kernthesen herunterbrechen lassen nicht.
“Ohne Umverteilung von oben nach unten wird es keine höhere Binnennachfrage und kein höheres Wachstum geben.”
erklärt Schlecht, und arbeitet weiterhin heraus, wie wichtig es daher ist, mehr Geld von den Konten der Reichen in die Geldbörsen der Geringverdienenden umzuschichten.
Ja, das klingt auch in meinen Ohren ziemlich linksnaiv und viel zu einfach. Deswegen muss es aber nicht prinzipiell falsch sein. Unbestritten ist nämlich, dass Geringverdiener ihr Geld tatsächlich ausgeben, während Sehrgutverdiener Anlagen und Vermögen mit ihrem Geld aufbauen, da sie unmöglich alles ausgeben können. Für den Staat (und obwohl mich das beim Schreiben gruselt: der sind wir ja alle) ist es besser, wenn sich Geld herumtreibt als still – wenn auch gemächlich wachsend – in irgendwelchen kontobenummerten Häfen zu ankern.
Dass das Strukturproblem nach wie vor besteht, sehen wir gerade am Hilferuf aus Griechenland. Besonders deutlich, wenn wir uns die lukrative Staatsanleihe ins Gedächtnis rufen, die Griechenland im Januar emittiert hat. Staatsanleihen sind nichts anderes als Kredite, die Staaten bei Anlegern aufnehmen. Je nach wirtschaftlicher Lage des Staates muss dieser hohe oder niedrige Zinsen an die Anleger zahlen, damit die ihr gerade nicht in Umlauf befindliches Geld rausrücken. Steht das Land verhältnismäßig solide da, trauen sich mehr Anleger zu investieren, und das Land muss niedrigere Zinsen zahlen. Ist der Staat hoch verschuldet oder instabil, taugt die Anleihe nur für Zocker, die ein höheres Risiko in Kauf nehmen können. Es trauen sich weniger Anleger zuzugreifen, und der Staat muss einen fetteren Zinsköder auslegen.
Die Anleihe, die Griechenland im Januar verkaufte, um sich von Anlegern 8 Mrd. Euro zu borgen, bot einen Zins von 6,3 Prozent. Das ist etwas mehr als doppelt so viel wie Deutschland Anlegern derzeit für Geld bezahlen muss. Im ersten Moment klingt das sehr lukrativ. Im zweiten Moment sollte man neben dem Wohlklang der hohen Zinsen aber auch die Alarmglocken läuten hören. Oberste Bänkerwahrheit seit Erfindung des Bankwesens ist nämlich: Ein hoher Zins bedeutet immer ein hohes Risiko. In dem Fall: Wenn der Staat bankrott geht, sind nicht nur die Zinsen futsch sondern auch das Kapital, das sie erwirtschaften sollte. Und obwohl das Risiko beim bis zum Schopf in Schulden versunkenen Griechenland sehr hoch ist, haben sich die Anleger offenbar darauf verlassen, dass der Bankrott nicht eintreten wird. Die Nachfrage nach der Anleihe war dreimal so hoch wie das Angebot.
Gestern dann der Hilferuf aus Griechenland. Sehr wahrscheinlich werden die Euroländer und der Internationale Währungsfond den maroden griechischen Karren mit günstigen frischen Krediten aus dem Korruptions- und Schuldensumpf ziehen. Genau darauf haben die mutigen Anleger schon im Januar gewettet.
Im linken und zugegeben stark verkürzten Klartext bedeutet das: EU-Steuerzahler sorgen dafür, dass Anleger, die soviel Geld haben, dass sie zumindest mit einem Teil davon wild spekulieren können, die ihnen versprochene fette Rendite auch wirklich bekommen.
Die EU wird Griechenland nicht bankrott gehen lassen. Die 6,5% Zinsen werden den Anlegern gezahlt. Das falsch zu finden, ist nicht so einfach wie es scheint. Denn das hier ist kein Brettspiel. Die Menschen in Griechenland bekommen den harten Sparkurs ihrer Regierung sehr deutlich zu spüren. Beispielsweise in Form von Lohnkürzungen im öffentlichen Sektor, massiver Reduzierung der staatlichen Leistungen, die ja in den allermeisten Fällen Sozialleistungen sind und einem rigorosen Zusammenkürzen der staatlichen Investitionen. Ein Staatsbankrott würde diese Einschnitte nur noch wesentlich tiefer Ausfallen lassen und natürlich am Härtesten diejenigen treffen, die ohnehin schon wenig haben. Das möchte niemand verantworten. Auch deshalb nicht, weil es keine erprobte Antwort auf die Frage gibt, wie es denn nach einem Staatsbankrott mit Griechenland und auch mit der übrigen EU weiterginge.
So gesehen ist Griechenland kein Spekulationsobjekt und darf freilich nicht als solches behandelt werden. Ein Land und eine Staatengemeinschaft aber, in der es möglich ist Geld zu verdienen, indem man darauf wettet, dass Menschen in Not geholfen wird, ist bestimmt nicht auf einem Wachstumspfad. Sondern auf einem Irrweg.
Schlampige Recherche bei Spiegel Online?
Sicher ist es naiv. Aber ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass das was ich in etablierten Publikationen wie dem Spiegel, der Süddeutschen Zeitung oder der Financial Times Deutschland lese zumindest zum Großteil der Wahrheit entspricht. Der am 08. April auf Spiegel Online erschienene Artikel über die Noa Bank jedoch stellt diese Vermutung verblüffend in Frage. In dem Artikel, um den bereits die letzen beiden Beiträge meines Blogs kreisen, behauptet Autor Günter Heismann über die gerade in die Noa Bank eingegliederte Quorum AG:
Im “Deutschen Factoring-Portal” schildern Blogger, wie das Unternehmen Kunden über den Tisch gezogen haben soll.
Auf der Website des Deutschen Factoring Portals heißt es dazu bereits einen Tag später:
Die Behauptungen des Artikels bei Spiegel-Online oder anderen Blogs und Informationen, der sich auf das Deutsche Factoring-Portal bezieht, wurde von dem jeweiligen Autor definitiv falsch recherchiert. Es wurde auf dem Deutschen Factoring-Portal NOCH NIE etwas, und schon gar nicht negatives, über die Noa Bank oder die Quorum AG behauptet und diskutiert. Dies wird auch in Zukunft so bleiben. Schon gar nicht, wie behauptet, von anderen Bloggern.Das Deutsche Factoring-Portal dient einzig und allein dafür über Factoring zu informieren und direkte Kontakte zu hier gelisteten Factoring-Unternehmen herzustellen. Nicht mehr und nicht weniger.
Für Spiegel Online ist das peinlich und rufschädigend, weil es die Recherchemethoden des Autors in Frage stellt. Denn dieser hat laut Noa Bank auch anderen Stellen seines Beitrages einige Tatsachen verdreht, wie die Veröffentlichung des kompletten E-Mail Interviews im Blog der noa bank im Vergleich zum veröffentlichten Artikel beweist.
Umso verstörender ist es, dass sowohl die Financial Times Deutschland als auch die Süddeutsche Zeitung in den letzten Tagen ganz ähnliche Artikel veröffentlichten. Verblüffend ähnliche Artikel. Artikel, die offensichtlich auf denselben vermeintlich unsauber recherchierten Behauptungen von Günter Heismann basieren, wie sich unschwer an denselben unwahren Fakten belegen lässt, die sie zitieren.
Womit haben wir es hier zu tun?
Mit einem neuen Effizienzprogramm der Medienindustrie, dass darin besteht, ein- und denselben Artikel dürftig umformuliert in mehreren Publikationen erscheinen zu lassen?
Davon wüsste ich dann als Leser bitte gerne. Wenn auch nur, um mich für eine Zeitung zu entscheiden, die a.) sauber recherchiert und b.) die (hoffentlich) versehentliche Verbreitung von Falschinformationen zügig richtigstellt.
Dubiose Journaille vs. noa-bank-Mücke?
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder läuft tatsächlich eine Art Schmutzkampagne gegen die Bankenmücke noa bank oder ich werde gerade Zeuge eines lehrbuchbeispielhaft Falles von schlechtem Journalismus.
Die rennomierte Financial Times Deutschland veröffentlichte gestern Nacht einen Beitrag von Rolf Lebert mit dem Titel: “Noa-Bank holt der Alltag ein”. Trotz wohlwollender Prüfung konnte ich in diesem Artikel keine einzige Information finden, die nicht bereits im Spiegel Online Artikel zu lesen war, auf den ich im letzten Blogpost eingegangen bin. Empfehlenswert ist eine Stippvisite zur Financial Times trotzdem. Denn man erhält spannende Einblicke ins journalistische Arbeiten. Rolf Lebert remixt seinen Remix eines Spiegel Online Artikels. Auf Seite zwei bietet er ein neu arrangiertes Potpourri der Absätze, die er bereits auf Seite eins verwendet hast. Das ist witzig. Aber kein Journalismus.