Ron hat in seinem Beitrag vollkommen richtig auf drei grundsätzlich Fragen verwiesen und ohne Zweifel mag die Kettensäge für verwilderte Bäume ein adäquates Werkzeug sein, allerdings bezweifele ich die Angemessenheit im Zusammenhang mit Einkommensumverteilung oder Restrukturierung unseren politischen oder wirtschaftlichen Systems. Ich will es an zwei der drei Themen verdeutlichen, die Ron bereits diskutierte.
Umverteilung ist nicht nur schwierig gegen die Reichen durchzusetzen. Man verdeutliche sich nur einmal den oftmals von Links hervorgebrachten Einspruch: Es wird immer mehr von Unten nach Oben umverteilt. Wenn das der Fall ist, dann würden immer weniger Menschen immer mehr besitzen, was irgendwann in einer solchen Ungerechtigkeit enden würde, dass die große Mehrheit der Armen sich per demokratischer Institutionen durchsetzt. Dies ist im Übrigen auch geschehen, denn die Entwicklung von modernen Wohlfahrtstaaten beruht darauf. Bismarck hat Unfall- und Krankenversicherung nicht aus reiner Großzügigkeit durchgesetzt, sondern aufgrund politischen Drucks!
Unser Problem in der Umverteilung liegt woanders. Unsere Umverteilungssysteme sind sehr kompliziert und teuer geworden und zwar teurer als wir es uns leisten können. Hatten wir die Rente früher an die Lohnentwicklung in der industriellen Produktion gekoppelt, müssen wir jetzt feststellen, dass wir nicht einmal im Dienstleistungssektor gleiche Lohnsteigerungen aufrechterhalten können. Das betrifft im Übrigen nicht nur die Kassierer/in, sondern auch Professoren/innen. Agenda 2010 war ein Versuch diese Entwicklung nach skandinavischem Vorbild mit der Kettensäge zurechtzustutzen.
Umverteilung ist aber gerade schwierig, weil mit der Kettensäge alle verlieren! Der Mensch ist aber grundsätzlich eher gegen Verluste als gegen Verzicht auf Steigerung – deshalb auch mein Argument von Donnerstag, dass wir hauptsächlich über Wachstumsverteilung reden. Ich glaube die Kettensäge würde viel vernichten, was sich in der Praxis langsam als hilfreich herauskristallisiert hat. Wir müssten meiner Meinung nach kleine Scheren ausgeben, damit sich kleinere Personengruppen selbst über Einschnitte und Veränderungen Gedanken machen. So könnte man meinetwegen den Rentnern eine Zielgröße über Einsparungen vorgeben und dann sollen die Verbände Vorschläge ausarbeiten, denn diese Wissen am Besten, wo es mehr Probleme gibt und wo weniger. Es bedarf einer besseren Koordinierung und Abstimmung von Entscheidungen zwischen Makro- (Budgetpläne, allgemeine Ausrichtung) und Mikroebene (konkreten Problemen) anstatt einer Zentralisierung von Macht.
Mit meinen Bemerkungen zu den Rentner bin ich auch schon beim Staat. Der Staat ist vielmehr als die Summe seiner Individuen! Wir leben in Demokratien, welche durch Interessenverbände, Konzerne, Gewerkschaften, Parteien etc. geprägt sind. Dies sind alles Akteure in unserem Staat, welche in die Verantwortung genommen werden können und welche gleichzeitig ein riesigen Erfahrungschatz haben. Meiner Meinung nach ist es ein schwerwiegender Fehler zu glauben, dass man Staatsgeschicke auf das Individuum herunterbrechen kann. Worum es vielmehr geht, ist die Frage, wie kann der Staat Rahmenbedingungen schaffen, wo jeder Bürger seine Bedürfnisse bestmöglich befriedigen kann. Auch ist der Staat mehr ein Organismus, der nur solange existiert wie Menschen in und für ihn Arbeiten. Ähnlich den Finanzmärkten ist oberstes Gesetz – er muss am Laufen gehalten werden. Ohne einen funktionierenden Staat (ich rede nicht von perfekt funktionierend) würden viele alltägliche Dinge nicht realisierbar sein. Diese Erfahrung machen die Griechen im Augenblick noch nicht, denn der Staat ist noch funktionstüchtig (alle Kredite wurden bisher bedient!!!), allerdings sieht Die Regierung sich zu einem Sparkurs genötigt. Der existenzielle Unterschied zwischen Staat, systemrelevanten Banken u.ä. und einem normalen Mittelständler oder Individuum ist, dass erstere die unteren Jengasteine unserer politischen und wirtschaftlichen Ordnung bilden. Das gilt selbst verständlich nicht für Spekulanten, denn diese sind eher selten systemrelevant. Deshalb sollten wir nicht mit der Kettensäge beim Staat anfangen, sondern überall kleine Einschnitte machen – denn die sind leider nötig und gleichzeitig Spekulanten mit Gesetzen und Steuern einen Riegel vorschieben!
Der EU werde ich bei Gelegenheit ein paar Episoden widmen, denn darüber könnte ich tausende Seiten schreiben. Nur zwei Sätze seien mir erlaubt: Die EU ist eine supranationale politische Ordnung, welche nicht mit Nationalstaaten und deren Funktionsweise verwechselt werden sollte. Wir haben ihr eine historische Chance und genau deshalb ist meiner Meinung nach eine radikale Vereinfachung keine Lösung. Fortsetzung folgt…
Moin,
habe grade mal wieder vorbeigeschaut hier…und nen neuen “Schreiber Alex”hier entdeckt.Ziemlich klug – oder eher “neunmalklug”
Ich finde hier zu bewereten wer recht und wer unrecht hat obliegt keinem!
Der “Autor Ronald oder Ron” analysiert hier bislang klug, sachkundig, fundiert und unideologisch – zu bewerten ob seine Analyse richtig oder falsch sei obliegt hier keinem und würde nicht zu dieser Seite passen!
Besser man verwendet “meines erachtens….oder so”
Gruß Hans
Lieber Hans,
Vielen Dank für Deinen Kommentar und ich stimme Dir zu, dass es mir nicht zusteht, zu evaluieren, ob Ron recht oder unrecht hat. Das war aber auch nicht meine Intention, denn ich habe lediglich meine Meinung zu den Fragen in seinem Artikel geäußert. Es ist sowohl in der Einleitung als auch in der Schlussfolgerung zu erkennen, dass es um meine Zweifel und meine Meinung geht. Eine explizite Einleitung jedes Absatzes oder Satzes durch entsprechende Phrasen halte ich für unnötig. Trotzdem vielen Dank, dass Du mich darauf aufmerksam machst.
Im Übrigen sehe ich viele Übereinstimmungen mit Rons Artikel, denn seine Analyse ist vollkommen zutreffend. Meiner Meinung nach ist lediglich über die Schlussfolgerung zu diskutieren.
Beste Grüße,
alex
Lieber Alex,
danke für Deine Anmerkungen, recht so – dann kann ich ja mit Freude weiterlesen:-)
Bin gespannt !
LG HANS