Maaßens Hetzjagd auf die Glaubwürdigkeit
(Politik der Worte #6)

Seit mehr als einer Woche wird nun öffentlich darüber diskutiert, ob es in Chemnitz am vorletzten Samstag eine Hetzjagd auf nicht-deutsch aussehende Menschen gegeben hat. Ausgangspunkt der Diskussionen ist folgendes Video.

Wer Chemnitz ein bisschen kennt, erkennt die Johanniskirche im Bildhintergrund eindeutig wieder. Es kursiert inzwischen ein Video, das den Vorfall von der anderen Straßenseite zeigt. Es gibt Zeugen, die bestätigen, dass sich die Situation so zugetragen hat. Heute+ zeigt ein Feature, in denen ein Mensch behauptet, er sei derjenige, der verfolgt wird. Zett spricht mit jemandem, der deswegen Strafanzeige gestellt hat. Was im Video zu sehen ist, ist passiert. Punkt. Und nein, es ging nicht um einen Brieftaschen-Diebstahl sondern um Fremdenfeindlichkeit, die Tonspur ist da kompromisslos. Ende der Diskussion. Denkste. Maaßens Hetzjagd auf die Glaubwürdigkeit
(Politik der Worte #6)
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Die vollständige #fragreg-Twitterview-Nachlese

Statt der geplanten 30 hat sich Regierungssprecher Steffen Seibert 41 Minuten Zeit genommen, die Fragen der Bürger zu beantworten. Natürlich nicht alle. Das war auch nicht nötig.

Fragen wie “Welcher Bundestagsabgeordnete fährt den dicksten Sportwagen?” oder “Wie war das damals wirklich mit Kennedy?” überliest wurden dankenswerterweise geflissentlich überlesen. Trolle gehören zum Netz, das wird auch Herr Seibert begriffen haben. Ich fremdschäme mich trotzdem manchmal für Sie. Um Himmels Willen also bloß nicht füttern!

Andere durchaus spannende Fragen blieben leider ebenfalls unbeantwortet, zum Beispiel die nach der von Deutschland immer noch nicht ratifizierten UN-Anti-Korruptions-Richtlinie oder alles zum Thema Netzneutralität. Das ist schade, konnte aber niemanden überraschen, der das Foto gesehen hatte, das Seibert mit zwei Fingern tippend übers iPad gebeugt zeigte.
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Trommelwirbel: 30 Minuten Volksnähe 2.0

Twitter-Gründer Jack Dorsey ist gerade in Berlin gelandet und hat noch auf dem Flughafen knackig verkündet, wofür:

“Just landed in Berlin for a visit with Chancellor Angela Merkel. I’ve been wanting to meet her for a while: the world needs her on Twitter.”

Dorsey will Merkel dazu überreden, sich ein Twitter-Konto zuzulegen und künftig nicht mehr nur permanent vertrauliche SMS ins Girls-Camp zu schicken sondern – zack, zack! – brisante Polit-Tweets in die Welt.

Wahrscheinlich würde er das Nutzerkonto der mächtigsten Frau der Welt als eine Art Ritterschlag des alten Europa empfinden, in jedem Fall wäre es prima Publicity und eine Chance mehr, Twitter noch öfter in die Hauptnachrichten zu hieven.

Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert firmiert seit Anfang letzten Jahres unter dem Kürzel @RegSprecher auf Twitter und hat anlässlich des hohen Besuchs ein ganz spezielles Pastetchen gebacken: Ein Twitterview – richtig, ein Interview auf Twitter.

Vor nicht ganz 24 Stunden schrieb er:

„Ich lade Sie morgen ab 11.30 Uhr zu meinem ersten Twitterview ein: Stellen Sie mir Ihre Fragen live unter #fragReg – ich freue mich darauf.“

Super, alles klar! Obwohl: Soll ich die Frage jetzt schon stellen oder erst um 11.30 Uhr?

Und wen frage ich eigentlich?

  • Sie, lieber Steffen Seibert, zum Status ihrer guten Vorsätze für dieses Jahr, Ihrem aktuellen Lieblingsbuch und dem Befinden der werten Ehefrau,
  • Sie, geehrter Herr Regierungssprecher, zu Ihren lustigsten Anekdoten aus dem Arbeitsalltag, Ihrem persönlichen Verhältnis zur launigen Chefin und dem rauen Arbeitsklima im Bundespresseamt,
  • Oder gar Sie, hochgeachtete fleischgewordene Bundesregierung zu Spritpreisen, Eurostabilität und der unterdrückten Islamdebatte?

Und Sie, wie wollen Sie antworten? Zu komplexen Interessenskonflikten bei der Energiewende, zum hochphilosophischen bedingungslosen Grundeinkommen, zur emotional aufgeladenen Frauenquote: Kurz und knackig in 140 Zeichen?

Oh, vielen Dank, das wird unser Land so viel besser machen: Die klaren Aussagen, die einfache Sprache, die neue Volksnähe und Alles!

Immerhin nehmen Sie sich ja 30 Minuten Zeit, jawohl.