Es ist bizarr: ich werde jeden morgen von Handwerken geweckt, die in der Wohnung unter mir dem Geräusch nach alle Wände einreißen um mit den freigewordenen Steinen Percussion-Performances auf dem übriggebliebenen Boden der Wohnung einzustudieren. Bei mir tanzt dann der Tee in der Tasse und die Gläser im Regal. Das heute schon ab sieben.
Nein, nein ich find das schon in Ordnung zeitig aufzustehen. Ich mag es den ganzen langen Tag vor mir zu haben. Ich mag den Gedanken ihn womit ich will füllen zu können. Normalerweise.
Im Moment aber lasse ich die Tage verstreichen. Ich höre den Männern unter mir beim fleißig sein zu. Ich koche ausgiebig. Ich teste Napster und verliere mich in neuer Musik. Meine Arbeit lasse ich liegen. Meine Ideen lasse ich verstauben. Meine Wohnungstür abgeschlossen. Von innen.
Ich habe überhaupt keinen Grund zu jammern. Jeder der Handwerker unter mir würde sicherlich gern einen Tag mit mir tauschen. Und ich mit einem von ihnen. Sie haben im Gegensatz zu mir: eine klare Aufgabe, ein konkretes Ziel und produzieren ein nachprüfbares Ergebnis.
Ich bin Künstler und muss mich mit Ermunterungen wie: “Du kannst nun mal nicht jeden Tag kreativ sein.” oder: “Dein Kopf arbeitet immer und du wirst sehen, plötzlich küsst dich die Muse und es fließt wieder” zufrieden geben. Was schwer fällt. Denn nur weil Phasen der Passivität normal sind muss ich nicht damit leben können.