Ich habe Angst vor Ärzten und ich kann das erklären

Ich bin 32 Jahre alt und gesund. Hoffe ich. So sehr. Ich habe Angst vor Ärzten und ich kann das erklären.

Ich gehöre zu den Männern Menschen, die Arztbesuche soweit aufschieben, wie es nur geht. Ich bin einer von denen, die ab Juni an ihre jährliche Zahnarztvorsorge denken, aber erst am Abend des 22. Dezember der entnervten Sprechstundenhilfe gegenübertreten, um unter Einsatz allen verfügbaren Charmes einen Termin noch in diesem Jahr zu erbetteln. Einmal, als ich drei Jahre lang nicht mutig genug war, zum Zahnarzt zu gehen, und mir die Ärztin an einem dieser Dezemberabende kühl eröffnete, bis Mitte März des nächsten Jahres neun meiner Zähne sanieren zu wollen, bin ich unumwunden in Tränen ausgebrochen. Zwölf Mal wollte sie mit Bohrern, Schleifern, Saugern, Schläuchen und Metalllegierungen in meinen Kopf eindringen, ohne mir den Segen einer Vollnarkose zuteil werden zu lassen! Das ging nicht. Nirgendwo fühle ich mich ausgelieferter, als auf dem Behandlungsstuhl einer Zahnärztin. Ich bin sehr stolz darauf, dass mein Gebiss mittlerweile komplett saniert ist. Natürlich nicht von diesem sadistischen Monster, sondern von einer engelsgleichen Zahnfee mit dunkler Dauerwelle, die sich – mutig die Realität leugnend – von winzigem Löchlein zu winzigem Löchlein gefaselt hat. Bitte: Ich möchte von Zahnärztinnen angelogen werden. Ich habe Angst vor Ärzten und ich kann das erklären weiterlesen

Symbicort

Eigentlich werde ich ja nicht müde zu versichern, wie sehr ich vom tadellosen funktionieren meines Körpers beeindruckt bin. Oft stelle ich mir vor, wie es wäre wenn ich Zucker hätte oder einen Herzfehler oder eine miserable Verdauung. Das gibt dann immer so ein gutes Gefühl. So eine Dankbarkeit. Kraft. Man kann seinen Körper dann wenigstens für ein paar Minuten mit liebevollem Blick betrachten. Zur Zeit aber habe ich ganz schön Angst.

Ich weiß, dass ich Asthma habe. Immer schon. Seit ich denken kann. Allerdings merke ich davon nicht viel. Ich konnte mich mit der Krankheit arrangieren. Habe gelernt Anfälle zu veratmen und keine Angst mehr davor zu haben. Habe gelernt, mich gerade so stark zu strapazieren, dass die eigene Grenze berührt aber eben nicht überschritten wird. Zur Zeit ist das alles leeres Geschwätz.

Seit gut einer Woche bekomme ich jeden Tag Anfälle. Aller paar Stunden. Nix mit veratmen. Atmen wie durch einen Strohalm. Und Medizin nehmen. Aller drei Stunden. Keine Treppen. Keine schnellen Schritte. Wie ein alter Mann. Und dann feststellen, dass du die Dosis immer mehr erhöhen musst um halbwegs atmen zu können. Und dann nachts aufwachen mit Atemnot und sich wünschen, dass seit dem letzten Aufwachen möglichst viel Zeit vergangen ist. Dass es bald morgen ist. Aufrecht geht’s immer etwas besser.

Seit gestern nun habe ich ein neues Spray. Ein sehr sehr starkes, sehr, sehr teures. Dagegen ist ja auch überhaupt nichts einzuwenden. Das hilft wie Sau. Nur fünf Minuten nachdem ich das genommen habe, kann ich mir kaum noch vorstellen, jemals Asthma gehabt zu haben. Das Problem ist nur, das Kortison im Spray ist. Kortison ist der beste bekannte Entzündungshemmer. Kortison beeinträchtigt aber auch die Funktion der Nebenniere, treibt die Blutzuckerwerte in die Höhe und entkalkt und verweichlicht die Knochen.

Dieser neue Freund ist also ein sehr guter Geschäftsmann. Und mir gefallen seine Preise nicht.