Ich weiß selber, dass das nervt. Ich hätte selber keine Lust, heute hinunter in den Keller zu steigen und den alten roten Koffer rauszukramen, in dem ich das Jahr über Räuchermännchen und Nussknacker zwischen spitzzackigen Herrnhuter Sternen gefangen halte. Aber wenn ich Du wäre (und die Wahrheit ist ja, dass ich Du bin bzw. war – ich schreibe dir vom 06. Januar aus) würde ich es trotzdem tun. Sonst passiert nämlich das gleiche wie im letzten Jahr und wie in den fünf Jahren davor.
Am 23. Dezember, an dem dein Wohnzimmer das Chaos dieser Welt ohnehin anzieht, wie ein schwarzes Loch alle Materie, angelst du wahllos ein paar Figuren aus dem Koffer und stellst sie irgendwohin ohne sie wirklich zu bemerken geschweige denn schön zu finden. Das ist ziemlich gemein. Auch dir selbst gegenüber. Die Adventszeit ist dann nämlich leider schon vorüber und Weihnachten auch, schneller als dir lieb ist.
Du kannst dir das gerade nicht vorstellen, aber glaube mir: Das Zeug gefällt dir. Entweder, weil es dich seit deiner Kindheit begleitet oder weil es dir von Menschen geschenkt wurde, die dich gut kennen, oder weil du es dir selbst gekauft hast. Ja, es ist kitschig. Aber du sagst doch immer, du hättest keine Angst vor Kitsch. Und nein, es ist nicht albern. Es ist weihnachtlich. Und dass die Trennlinie zwischen albern und weihnachtlich recht deutlich zu erkennen ist, wirst du begreifen, wenn du den rauchenden Nachtwächter und die dicke Frau mit dem dampfenden Kloßtopf erst einmal ihre Arbeit machen lässt. Alles, was die beiden wollen ist, ein bisschen Licht in das gottverlassene Irrenhaus Spätherbst zu bringen. Also lass sie doch.
Ich weiß, dass du noch überhaupt kein winziges bisschen in Weihnachtstimmung bist. Aber wie der Appetit manchmal beim Essen kommt, kann der Duft von Räucherkerzen dir dabei helfen, in Weihnachtsstimmung zu geraten. Deshalb nimm dir die halbe Stunde Zeit und mache es dir gemütlich. Und vergiss nicht, den kleinen Stern ins Fenster zu hängen. Der gefällt auch anderen.