Im Moment sieht es ganz und gar nicht danach aus, aber vielleicht könnte sich die SPD doch noch zum eigentlichen Gewinner der Wahl mausern. In Regierungsverantwortung kommt sie in den nächsten vier Jahren sicher nicht. Aber vielleicht wieder zu sich. Zwei Fehler dürfen ihr dabei jedoch keinesfalls unterlaufen.
1. Bleibt die SPD beim bisherigen Spitzenpersonal kann sich nichts ändern. Das aber ist nötig. Sicher, das Konzept Müntefering hat viele Jahre funktioniert Müntefering ist geschickt und wusste die Partei zusammen zu halten. Aber er hat sich verbraucht. Er steht für die Agenda 2010 und einen teils peinlich offensichtlich taktierenden, teils beleidigenden Wahlkampf. Neu, vorwärtsstrebend, visionär kann die SPD nur ohne ihn wirken. Was ihm selbst bereits zu dämmern schien, als er heute in Aussicht stellte, sein Amt in Aussicht zu stellen.
Auch Steinmeier muss von der Bühne. Denn dass gestern nach der ersten Hochrechnung allerorts SPD-Funktionäre vor die geöffneten Mikrofone sprangen um zu versichern, dass die Niederlage zwar historisch sei, aber nichts mit dem Spitzenpersonal zu tun habe, beweist, für wie nötig man die Verbreitung dieser These hielt. Natürlich ist das Gegenteil der Fall. Man kann nicht einerseits behaupten, das respektable Ergebnis der CDU sei einzig und allein auf den Beliebtheitsbonus der Kanzlerin zurückzuführen, anderseits aber leugnen, dass das Desaster der SPD zwar trotz keinesfalls aber wegen Frank-Walter Steinmeier passiert sei. Wenn wir ganze Straßenzüge mit Porträtfotos nicht aber mit Inhalten plakatieren und wenn wir TV-Duelle mit nur zwei statt mit fünf Spitzenkandidaten veranstalten dürfen wir uns dann nicht wundern, wenn der Bundestagswahlkampf zum Personenwahlkampf verkommt. Und den hat Steinmeier verloren. Im Verlieren ist er offenbar aber nicht gut. Gestern in der Berliner Runde nach der Tagesschau kürte er sich zum Oppositionsführer und stellte so klar, dass er seinen Führungsanspruch auch weiterhin aufrecht erhalten werde, noch bevor irgend jemand daran hätte Zweifel äußern können. Ein bisschen peinlich ist das schon. Wir brauchen nämlich keinen Oppositionsführer. Was soll so ein Oppositionsführer denn eigentlich tun? Keine der drei nicht-regierenden Parteien wird in den nächsten Jahren eine Möglichkeit auslassen, mit ihrem Spitzenpersonal für ihre Überzeugungen einzustehen. Aber doch bitte nicht für die Überzeugungen der Opposition.
Derweil ist die Unruhe auf den hinteren Rängen bereits unüberhörbar. Andrea Nahles ruft nach Runderneuerung weil sie ihre große Chance wittert. Sie sei ihr gegönnt. Die Jusos stärken ihr den Rücken und rufen ebenfalls nach Erneuerung.
2. Die SPD muss ihren Inhalten weiterhin treu bleiben. Nicht den Milliardensubventionen, die in saarländischen Gruben verschütt gehen und auch nicht der rückwärtigen Fantasie der Wiedereinführung höherer Sozialleistungen. Wohl aber dem Deutschland-Plan, dessen einziges Manko es war und ist, Deutschland 4.000.000 neue Jobs zu versprechen. Weil sich nach dem Auftauchen dieser Zahl alle vor lachen die Bäuche hielten hat sich kaum einer die Mühe gemacht weiter zu lesen. Das aber lohnt sich. denn der Deutschlandplan ist ein kluges, modernes und lupenrein sozialdemokratisches Konzept. Und natürlich ist unser Land eines, in dem sich für Mindestlöhne, gebührenfreie Bildung und ein klares Ja zum Atomausstieg Mehrheiten finden lassen. Aber eben nicht von diesen Köpfen.
Deutschland braucht eine starke Sozialdemokratie und hat sie auch verdient. Die nötigen Konzepte dafür stehen und die richtigen Leute machen sich bereit. Jetzt braucht es nur noch ein bisschen Geduld und den unumstößlichen Glauben an die Parabel vom Phoenix aus der Asche.