Wahr ist aber auch

Ich habe den Job angenommen. Freitag Mittag, 12 Uhr. Weil es sich richtig angefühlt hat nach dem Aufstehen, nach der altbewährten drübergeschlafenen Nacht.

Mittlerweile haben sich natürlich Zweifel eingestellt. Ich habe den Job für 30 Stunden zugesagt und nicht für 39 wie ursprünglich ausgemacht. Aber auch 30 Stunden sind viel. Zu viel wie ich fürchte. Meine Angst ist, dass man „die Kunst“ tatsächlich nicht nebenbei macht. Schließlich soll sie eben nicht nur ein Hobby sein sondern viel viel mehr als dass. Und schließlich ist auch fraglich wie viel Inspiration und Muse denn übrig bleibt, wenn man jeden Tag sechs Stunden Kreditkartenhai spielt. Am Wochenende Fernbeziehung und dann und wann der Hund.

Hinzu kommt außerdem, dass sich Kreativität und künstlerisches Arbeiten ja nicht planen lässt. Man muss darauf warten. Ich jedenfalls. Ich muss warten, bis es mich überkommt. Ich muss hinhören, lauschen. Ich fürchte, ich werde viel zu abgelenkt sein um mich konzentrieren zu können.

Wahr ist aber auch, dass ich das Geld brauche, um über die Runden zu kommen. Mein Auto ist zehn Jahre alt, seit drei Jahren war nicht im Urlaub und über Themen wie Vermögensaufbau oder Altersvorsorge habe ich mir bisher nur beruflich, nicht aber privat Gedanken gemacht.

So sehr ich die Kunst liebe, seit ich sie kennen gelernt habe steht sie auf der Ausgabenseite der Bilanz. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich das ändert, aber ih persönlich kenne ich bisher niemanden, der sich darüber freuen konnte. Und meine künstlerischen Arbeiten sind schon wegen des Mediums Video nicht gerade zum Verkaufsschlager prädestiniert.

Wahr ist aber auch, dass man an seinen Träumen dran bleiben muss, dass man kämpfen muss und sich verbeißen. Kann man dass, wenn man 30 Stunden seiner Woche verkauft hat? Kann ich das?

Ich will es.
Künstler sein bedeutet ganz ausdrücklich, seinen Weg finden zu müssen. Und nur, weil der durch ein Bankbüro führt, werfe ich doch nicht das Handtuch.

Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es sehr albern ist, zu fürchten, man könne die Kunst wegen widriger äußerer Umstände verlieren. Wenn ich sie brauche und liebe wird sie auch bleiben. Meine Zweifel können sie betäuben. Meine angelernten Filter und inneren Kritiker können ihr schaden. Eine Bank kann es nicht.

Ich werde es beweisen.