Es steht auf jeder zweiten Urlaubskarte und ist meistens einfach schlecht beobachtet: “Die Menschen sind ganz anders hier. Viel freundlicher, viel offener, viel freier.” Aber ich komme auch nach intensiven Hinsehen nicht umhin, genau das von Amsterdam zu behaupten.
Es ist diese fröhliche Freiheit, die hier in jedem Gesicht steht. Sicher, ich weiß: Es ist Frühling, ich bin im Urlaub und außerdem sind andere Städte, besonders die in anderen Ländern immer spannend, immer faszinieren und viel schöner als Zuhause. Aber die fröhliche Freiheit hier ist echt.
Ich glaube nicht, dass es eine holländische Leichtigkeit ist. Oder anders: dass es deutsch ist, was mich schwer macht zu hause. Wahrscheinlich ist sie hausgemacht, diese Schwere, diese Verkrampftheit, diese subtile Angst. Dieses kurze “Bin-ich-schick-genug?” bevor ich ein neues Cafe betrete. Diese steinerne Mine, wenn auf der Straße jemand zu nah an mir vorbeigeht. Aber auch: Dieses “Dankeundschöntagnoch.” dass nicht mich meint, sondern einen fiktiven Punkt der Deckenverkleidung im Aldi. Die Menschen sind hier anders. Heute morgen in der Straßenbahn wollte ich ein Ticket kaufen. Dabei benutzte ich die Formulierung “two people” was den Straßenbahnfahrer dazu veranlasste über das Straßenbahnmikrofon Paul McCartneys “Too many people living underground” anzustimmen und mich zum mitsingen einzuladen. Das ist Amsterdam. So sind die Menschen hier. Manchmal fangen sie einfach auf der Straße zu singen an. Wer zu ernst kuckt wird einfach angesprochen und gefragt, ob alles in Ordnung ist. Wer vor einem Laden unsicher auf und ab geht, wird freundlich hereingebeten. Man muss sich ganz schön anstrengend, hier verkrampft zu sein. Schlechte Laune kostet hier viel Mühe. Auch, wenn es regnet. Auch, wenn man nicht im Coffee-Shop war.
Das ist sehr befreiend.