Auf Deutschlands reichweitenstärkstem Nachrichtenportal Spiegel Online erschien heute ein Artikel der in vielerlei Hinsicht sehr aufschlussreich ist, mich am Ende aller Überlegungen aber sehr verwirrt zurücklässt.
Der Journalist Günter Heismann stellt die erst seit November 2009 am deutschen Markt agierende noa bank unter der Überschrift: “Grüne Bank mit dubiosen Gründern” ins Zwielicht. Im Wesentlichen stellt er die Kredibilität der jungen Bank, die verspricht, sich weder an Spekulationsgeschäften noch Investmentbanking zu beteiligen und zudem die Kunden entscheiden lässt, in welchem Bereich seine Spareinlagen investiert werden in drei Punkten in Frage:
1. Die nach außen überaus erfrischend grün auftretende Bank wäre in Wirklichkeit lediglich ein wahr gewordener Refinanzierungstraum für die vermeintlich angeschlagene Factoring-Firma Quorum AG, an der Vorzeigegesicht und Gründer der noa bank Francois Jozic ebenfalls beteiligt ist.
2. Eben jene Quorum AG würde, wie auch die Unternehmensberatung Targas AG, in deren Vorstand sich Jozic ebenfalls engagiert, durchaus dubiose Geschäftspraktiken an den Tag legen, die sich am Rande der Legalität bewegten.
3. Die noa bank würde nur einen Bruchteil der Kundeneinlagen wie versprochen als Kredite an geeignete Firmen herauslegen und weitaus größeren Teil, der nicht zur Finanzierung von Quorum benötigt wird, bei der Bundesbank bzw. bei anderen Geschäftsbanken parken.
Verblüffend ist, dass die noa bank selbst zur Verbreitung dieses nicht gerade Vertrauen erweckenden Artikels beiträgt, indem sie Beiträge wie diesen in ihrem Facebook-Profil veröffentlicht:
Folgt man dem Link in diesem Beitrag landet man auf einem Artikel des Blogs “Social Banking 2.0”, das von dem Journalisten und Buchautor Lothar Lochmaier geführt wird. Lochmaier echauffiert sich darin über die einseitige Berichterstattung und die Recherchemethoden von Spiegel Online, ist dabei selbst aber ebenfalls alles andere als unparteiisch. In diesem wie auch in früheren Beiträgen steht er der (auch mir zugegebenermaßen sehr sympathischen noa bank) derart unkritisch gegenüber, dass man geneigt ist, seine Objektivität in Zweifel zu ziehen. Im Gegensatz zu mir bezeichnet sich Herr Lochmaier jedoch als Journalist und nicht als Blogger.
Lochmaiers Beitrag wiederum verweist auf einen Artikel, der in einem Blog das von der noa bank selbst geführt wird erschienen ist, und den vielsagenden Titel “Verteidigt Günter Heismann das Establishment vor der noa bank?” trägt und interessanterweise bereits zwei Tage vor dem Erscheinen des Textes in Spiegel Online ins Netz gestellt wurde. Francois Jozic selbst geht hier auf Heismans Vorwürfe ein. Er macht alle Fragen die ihm der Journalist gestellt hat öffentlich zugänglich, freilich nebst den entsprechenden Antworten.
Genau jene fehlen mir aber nach der schwindelerregenden Achterbahnfahrt durch diese bunte Dreieckskonstellation.
Welches Interesse hat der SPON-Journalist Heismann an der Dekonstruktion der noa bank und warum würdigt er viele der auf Fakten basierenden Antworten von deren Chef keines Wortes in seinem Artikel?
Warum inszeniert sich noa bank-Chef Jozic in seinem Blog auf mitleiderregende Art und Weise als David der deutschen Bankenlandschaft, der vom Goliath des Establishments auf übelste attackiert wird?
Hat das Establishment deutscher Banken überhaupt Zeit und Nerven sich mit einer wüsten Schmutzkampagne gegen eine Bank zu wenden, die mit ihren 9.000 Privatkunden eigentlich noch ein Bänkchen ist?
Mal lustig ins Baue hinein gemutmaßt: Heismann will eine Story verkaufen, Lochmaier sein im nächsten Monat erscheinendes Buch und Jozic über die Vision der weißwestigen Rebellenbank nichts anderes Tagesgeldkonten auf der einen und Kredite auf der anderen Seite.
Ganz ehrlich? Mir ist das alles überhaupt nicht konservativ genug. Von dem einen Journalisten erwarte ich saubere Recherchen. Vom anderen unabhängige Berichterstattung. Und von der Bank der ich meine Ersparnisse anvertraue, erwarte ich neben der ungewohnten aber angenehmen Transparenz und einem altruistischen Anstrich nach wie vor ans Langweilige grenzende Seriosität, Diskretion und solides Wirtschaften.