Dass der Koalitionsausschuss der Bundesregierung gestern beschlossen hat, dem Drängen der Zeitungsverlage auf eine Zwangsprämierung der Weiterverwendung ihrer Inhalte im Netz nachzugeben, wurde bei Niggemeier, Netzpolitik und Co. ja bereits mit gebührender Empörung breitgetreten. Der Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht wird offiziell erarbeitet, ist inoffiziell längst fertig und wird unter der Hand als quasi längst durchgedrückt gehandelt.
In erster Linie ist das eine Attacke gegen Google News, das die Meldungen der etablierten Nachrichtenseiten einsammelt und seinen Nutzern hübsch zu Themenhäppchen zusammengeschnürt und nach persönlichen Interessen gefiltert kredenzt – bisher unentgeltlich, versteht sich (sofern man die Preisgabe persönlicher Daten als Nutzer nicht als ganz erhebliches Entgelt empfindet).
Im veröffentlichten Beschluss heißt es wörtlich:
“Deshalb sollen Hersteller von Presseerzeugnissen ein eigenes Leistungsschutzrecht für die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge oder kleiner Teile hiervon erhalten. Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen.”
Ich finde sehr spannend, dass im ersten Satz von “Herstellern von Presseerzeugnissen” die Rede ist, welche sich im zweiten Satz plötzlich in “Verlage” verwandeln.
Darüber, was genau ein “Presseerzeugniss” heute ist und künftig sein wird, lässt sich bestimmt vortrefflich streiten. Wohl kaum aber über den Fakt, dass Blogs – insbesondere, wenn sie von mehreren Autoren zu einem bestimmten Thema betrieben werden – eindeutig dazuzuzählen sind. Vielleicht sogar Tweets. Vielleicht auch die immer beliebter werdenden “Internet-Videos” in den Nachrichtensendungen.
Google News jedenfalls wird sich von einer weiteren monströsen Verwerungsgesellschaft sicherlich ebenso wenig unterkriegen lassen, wie die Google-Tochter Youtube von der Kontrahentin mit dem Imageproblem, der Gema also, mit der sie seit Jahren erbittert streitet. In Belgien hat Google News die etablierten Zeitungen nach Einführung eines ähnlichen Gesetztes 2006 einfach aus dem Index geschmissen – da war Schluss mit lustig und vor allem Schluss mit dem mächtigen Strom an Besuchern, den Google von den in seinem Suchindex angebotenen Textfetzen zu den vollständigen Artikeln auf die Homepages der Zeitungen leitete, welche selbstredend mit lukrativen Werbeanzeigen gespickt sind.
Für Blogger und Ein-Mann-Content-Schleudern könnten das gute Nachrichten sein. Die Aufmerksamkeit für ihre Inhalte im Netz würde in dem Maß steigen, in dem sie von den Online-Angeboten arrivierter Verlage abgezogen wird.
Und wenn Blogger es schaffen, endlich auch als “Hersteller von Presseerzeugnissen” akzeptiert zu werden, könnte sich das dann sogar in deren leeren Kassen bemerkbar machen. Notfalls müssen wir eben Verlage gründen.